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Wo genau hielt sich Adolf Hitler von seiner Geburt am 20. April 1889 in Braunau am Inn, damals Österreich-Ungarn, bis zu seinem Suizid am 30. April 1945 in Berlin, dem damals schon fast ganz besetzten Großdeutschen Reich, auf? Darauf gibt das vorliegende Werk als Wegbeschreibung Antwort, denn es bildet das nahezu vollständige Itinerar des deutschen Diktators Adolf Hitler.

Es bietet erstmals eine Zusammenstellung aller Wohn- und Aufenthaltsorte sowie seiner Reisen einschließlich Angaben über die benutzten Verkehrsmittel und ordnet diese Informationen in den politischen, militärischen und persönlich-privaten Kontext ein. Abschließend stellen Exkurse die benutzten Verkehrsmittel, den Verbleib der sterblichen Überreste Hitlers und die furchtbare Bilanz seines Lebens dar. Eine Statistik über seine Aufenthaltsorte rundet die Wegbeschreibung ab.

Hitlers Wahlkämpfe mit dem Flugzeug 1932, als „Deutschlandflüge“ bezeichnet, erreichten ein bis dahin unbekanntes Maß an organisatorischem Aufwand und propagandistischer Perfektion. Trotz ausführlicher Berichterstattung hierüber fehlen oft Details wie An- und Abreise, Ort der Übernachtung usw. Von Ende 1924 bis Anfang 1933 hatte Hitler laut Aussage der NSDAP rund 1,5 Millionen Kilometer im Auto zurückgelegt; doch ein Nachweis dafür ist nicht bekannt.

Hitlers Buch „Mein Kampf“ ist als Quelle übrigens völlig ungeeignet, da es so gut wie keine konkreten Daten, Fakten und Ortsangaben enthält.

Für die ersten fünf Jahre von Hitlers Regierung von 1933 bis 1938 ist die Quellenlage kaum besser. In der gleichgeschalteten Presse und der zeitgenössischen Literatur berichtete man in Tageszeitungen, Aufsätzen usw. überwiegend verherrlichend. Die Leistungen Hitlers und die Verzückung der Volksgenossen, die auf die Ankunft und Durchfahrt des gottgleich Verehrten warteten, beschrieben die Verfasser in epischer Breite. Nur selten finden sich jedoch Details, die über die benutzte Strecke im jeweiligen Ort hinausgehen. Bei politisch linksgerichteten Berichten, die es bis ins Frühjahr 1933 in Deutschland noch gab, finden sich in der Regel auch keine Details, sondern meist nur Häme und Spott über die Art des Auftretens Hitlers und über die politisch verwerflichen Inhalte seiner Reden.

Unterscheiden muss man grundsätzlich zwischen offiziellen und inoffiziellen Reisen Hitlers.

Das war bei inoffiziellen Fahrten natürlich anders, erst recht bei geheimen Reisen. Sie sollten ohne Störungen und unnötige Aufenthalte verlaufen; Strecke und Anlass waren strikt vertraulich. Authentische Hinweise geben hier interne Berichte, beispielsweise die Tagebücher von Martin Bormann und die Terminkalender von Hitlers Diener Heinz Linge oder seinem Adjutanten Max Wünsche. Teilweise sind sie im Institut für Zeitgeschichte in München oder im Bundesarchiv in Berlin erhalten geblieben. Zusätzliche Details ergeben sich aus Ortsangaben in Briefen, Verleihungsurkunden, Widmungen, Gästebucheintragungen und ärztlichen Behandlungsprotokollen. Sogar aus Rechnungen können Hitlers Aufenthaltsorte entnommen werden, beispielsweise als er am 17. September 1931 Autoreifen bar im Firmengebäude bezahlte. Die entsprechende Rechnung hat sich durch Zufall im Bundesarchiv erhalten. Hinweise auf Daten und Orte, an denen Hitler sich aufgehalten hat, geben Besprechungsprotokolle, Berichte Dritter über einen Termin bei ihm und sogar erhalten gebliebene Speisekarten. Jedes einzelne bekannte Dokument, das von Hitler stammt, das er unterschrieb oder das auf andere Weise einen Bezug zu ihm hatte, wurde für das Itinerar ausgewertet.

Ab dem 1. September 1939 wurden Berichte über konkrete Reisen und benutzte Verkehrsmittel sehr rasch seltener. Je länger der Krieg dauerte, umso weniger Details drangen an die Öffentlichkeit. Zu seinem Aufenthaltsort hieß es meist nur noch, er sei im „Führerhauptquartier“; die genaue Lage blieb offen.

Beispiele für irrtümlich Angaben von Zeitzeugen finden sich in Walter Kempowskis Buch „Haben Sie Hitler gesehen?.“ Dort sind etwa die Hälfte der Zeit- und Ortsangaben falsch, wofür der Autor nichts konnte, weil die Überprüfung der Angaben ausdrücklich nicht sein Ziel war.

Sehr wertvolle Hinweise und Fotografien lieferten andererseits die Zeitzeugen Rochus Misch, Telefonist und Leibwächter im Führerbegleitkommando, und Hitlers persönlicher Fotograf Walter Frentz. Beide konnte der Autor noch persönlich sprechen.

Zur Forschungslage

Wie bereits zu Hitlers Lebzeiten werden bis heute noch unzutreffende Behauptungen zu seiner Anwesenheit an bestimmten Orten aufgestellt. Sie konnten im Rahmen des nun vorliegenden Itinerars überhaupt erstmals überprüft werden. Erfreulicherweise kann man sagen, dass sich die Zusammenarbeit mit Behörden und Institutionen, Archiven und Geschichtsvereinen in den vergangenen zehn bis 15 Jahren deutlich verbessert hat.

Mit den folgenden Beispielen, deren Aufzählung sich beliebig fortsetzen ließe, soll verdeutlicht werden, wie sich Fehler, Lücken, Irrtümer und widersprüchliche Aussagen in die Historiographie einschlichen und weitergegeben wurden.

Auch bei neueren und an sich seriösen TV-Beiträgen ist manchmal der Wunsch der Vater des Gedankens. So wird in der Produktion „Das Adlon – die Dokumentation“ von Gero und Felix von Boehm behauptet, Hitler habe das Hotel am Brandenburger Tor wegen des dort herrschenden internationalen Flairs nie betreten. In Wirklichkeit ist der „Führer“ zweimal im „Adlon“ gewesen, davon einmal als Reichskanzler. Der fotografische Beweis ist im vorliegenden Werk abgedruckt.
Ähnlich ungenau ging das ZDF in seiner „History“-Reihe unter Leitung von Guido Knopp vor. In einer Dokumentation von Johanna Kaack über Hitlers Kameramann und Fotograf Walter Frentz kommt ein Foto vor, das Hitler im Keller der Neuen Reichskanzlei beim Betrachten eines Modells der Stadt Linz zeigt. Der Begleittext führt zutreffend aus, die Aufnahme stamme von Frentz und fährt falsch fort, es sei das letzte Foto Hitlers. In Wirklichkeit entstand das letzte Bild zehn Wochen später in den Ruinen der Alten Reichskanzlei. Sein Fotograf ist unbekannt; Frentz kann es jedoch nicht gewesen sein, da er Berlin zu dieser Zeit bereits verlassen hatte.

In ihrer Biografie über Eva Braun schreibt Heike Görtemaker, Hitler habe sich im Februar 1933 „die Hälfte der Zeit in München“ aufgehalten. Tatsache ist jedoch, dass Hitler in diesem ersten Monat seiner Reichskanzlerschaft nur vier Tage vollständig und an weiteren sechs Tagen zeitweise in München war.


Der sehr genau arbeitende Anton Joachimsthaler gibt an, Hitler sei „ab März 1925 bis zum 23. März 1929 370.000 Kilometer“ mit dem Auto gefahren. Eine Quelle für diese Angabe nennt er nicht.

Im hervorragend zusammengestellten Buch zur Dauerausstellung „Die tödliche Utopie“ in der Dokumentation auf dem Obersalzberg ist eine Auswahl prominenter Besucher bei Hitler aufgeführt. Leider wurden dafür Angaben aus der Literatur ungeprüft übernommen. So sind im Ergebnis von 56 Daten mehr als ein Drittel falsch.

Dass die Internetenzyklopädie Wikipedia und – oft darauf gestützt – geschichtsjournalistische Beiträge häufig fehlerhaft sind, verwundert nicht. So heißt es mehrmals, am 22. März 1925 habe der erste Auftritt Hitlers außerhalb von Bayern stattgefunden. In Wirklichkeit sprach der NSDAP-Agitator jedoch bereits am 7. Mai 1920 in Stuttgart.

Gefälschte „Hitlerautografen“, beispielsweise von dem durch die Tagebuchaffäre der Illustrierten „Stern“ bekannt gewordenen Konrad Kujau, fanden Einzug in die Werke namhafter Historiker. So mussten Eberhard Jäckel und sein Mitarbeiter Axel Kuhn einräumen, in ihrer Edition „Hitler. Sämtliche Aufzeichnungen 1905 bis 1924“ neben 618 echten Dokumenten auch 76 Falsifikate aufgenommen zu haben.

Auch das Deutsche U-Boot-Museum irrt, wenn es ein Bild, das Hitler beim Besteigen eines U-Bootes in Kiel zeigt, auf den 28. September 1935 datiert. Denn der „Führer und Reichskanzler“ war an diesem Tag in Essen und besuchte die Firma Krupp. Das U-Boot besichtigte er bereits am 28. August; der Fehler liegt hier in der Monatsangabe.

Eine Übersicht der mit Hitler in Verbindung zu bringenden Orte bietet das Internetprojekt „The Hitler Pages.“ Manche der dort präsentierten Informationen sind gut recherchiert und detailliert. Sie berücksichtigen jedoch überwiegend nur die offiziellen Auftritte und sind auch teilweise fehlerhaft. So erweisen sich beispielsweise von sieben Einträgen zur Stadt Coburg vier als unzutreffend.

In seinem Buch „Hitler in Weimar“ behauptet Holm Kirsten, dass der „Führer“ sich am 20. und 21. Dezember 1944 in der thüringischen Stadt aufgehalten habe. Das ist frei erfunden, denn Hitler leitete an diesen Tagen vom Führerhauptquartier Adlerhorst aus die Ardennenoffensive.

Die Illustrierte „Stern“ druckte in einem Bericht über Heiligendamm ein Foto Hitlers mit Mussolini ab – als Beweis dafür, dass beide zusammen in dem Ostseebad waren. Doch das stimmt nicht.

Hitlers einmaliger Besuch in Paris illustriert die Probleme exakter Datierung besonders gut. Sogar nachgewiesene Teilnehmer der Reise gaben den Zeitpunkt falsch an; seitdem kursieren in der Literatur zwei abweichende Daten. Da Autorin Anna Maria Sigmund den Widerspruch nicht erkannte, konstruierte sie aus diesen zwei Daten – dem 23. und dem 28. Juni 1940 – einfach „zwei heimliche Besuche“, die natürlich „fast gleich abgelaufen“ seien.

Zu diesem Itinerar

Viele Autoren haben falsche Angaben zu Adolf Hitler ungeprüft übernommen, manche sogar mehr oder weniger frei erfunden. Mangels eines seriösen Hitler-Itinerars konnten solche falschen Daten bislang nicht überprüft werden, jedenfalls nicht ohne den zeitaufwändigen Gang in Archive und die Erschließung dort zugänglicher Quellen. Das Institut für Zeitgeschichte München kündigte im ersten Band der Edition „Hitler – Reden, Schriften, Anordnungen“ 1992 an, dass dieses wichtige Werk der historischen Grundlagenforschung „verbunden mit der Erstellung eines detaillierten Itinerars“ erscheine. Allerdings ist es, selbst 23 Jahre später, bei dieser Ankündigung geblieben.

Die Notwendigkeit eines Itinerars ergab sich aus den zahlreichen Fehlern, Lücken, Irrtümern und widersprüchlichen Aussagen in der bisher veröffentlichten Literatur und in Fernsehsendungen. Hiervon sind namhafte Autoren und ihre Werke, deren Gesamtverdienste nicht geschmälert werden sollen, nicht ausgenommen.

Die aufgeführten Beispiele zeigen, dass eine vollständige und nachweisbare, aufwändig recherchierte Dokumentation mit allen Daten längst überfällig war. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, mittels aller zur Verfügung stehenden wesentlichen Quellen akribisch und logisch dem Gesamtbild der vergangenen Wirklichkeit so nahe wie möglich zu kommen. Daher ist es wenig erstaunlich, dass sich noch kein, vor allem kein hauptberuflicher Historiker, dieser Aufgabe angenommen hat; ist sie doch mit sehr viel Zeit- und Kostenaufwand verbunden.

Das jetzt als vierbändiges Werk vorgelegte Hitler-Itinerar entstand insgesamt, von einigen Unterbrechungen abgesehen, zwischen den Jahren 1983 und 2015. Rund drei Jahrzehnte lang mussten Daten recherchiert, geprüft und abgeglichen werden; so ergab sich gewissermaßen ein Datenteppich. Zuerst wurde alle Zeitangaben in einer Liste eingetragen, später in eine Datenbank – unabhängig davon, ob sie glaubwürdig waren oder nicht – verbunden mit der Fundstelle. Bereits hier ergaben sich für viele Ereignisse voneinander abweichende Daten.

In einem zweiten Schritt wurden die einschlägigen Archive systematisch um Auskunft gebeten, wann und wie oft Hitler vor Ort war. Teilweise verwiesen die Institutionen auf Zeitzeugen oder Privatpersonen, die sich mit der lokalen Materie auskannten. Auch diese Kenntnisse der befragten Personen flossen in das Itinerar ein – die meisten von ihnen leben inzwischen nicht mehr. Historische Tageszeitungen, natürlich einschließlich des Parteiblattes „Völkischer Beobachter“, ergänzten den Datenteppich.

In vielen Fällen waren persönliche Archivbesuche notwendig, etwa im Historischen Archiv von Krupp in Essen. Ergebnis war nicht nur die Bestätigung der bekannten Besuche Hitlers, sondern noch drei weiterer Aufenthalte, die in der Literatur bisher nicht auftauchten, da sie damals strikter Geheimhaltung unterlagen. Aus diesen Akten ergab sich auch, quasi als Beifang, Hitlers Besuch auf dem Versuchsplatz der Krupp AG in Meppen. Für den Tag zuvor war ein Termin in Berlin dokumentiert und für den Tag danach ein Auftritt in Wilhelmshaven. Dazwischen fuhr Hitler nicht nur mit dem Zug durch Nordwestdeutschland, sondern legte einen Zwischenhalt in Meppen ein. Außerdem fanden sich Belege für bisher unbekannte Vorträge von Vertretern der Firma Krupp in der Neuen Reichskanzlei und auf dem Obersalzberg.

Bei der Auswahl des Bildmaterials für dieses Itinerar liegt der Schwerpunkt auf bisher unveröffentlichten Fotografien, außer wenn es erforderlich schien, ein bereits bekanntes Bild zu zeigen. Um den Bogen von der Vergangenheit zur Gegenwart zu spannen oder um Lücken zu schließen, wenn keine historische Aufnahme zur Verfügung stand, runden aktuelle Fotos der Orte bzw. Vergleichsaufnahmen der Originalschauplätze die Darstellung ab. So ist in diesem Itinerar zum ersten Mal überhaupt das Haus von Erna Hanfstaengl in Uffing am Staffelsee zu sehen, in dem Hitler nach dem gescheiterten Putsch von 1923 Unterschlupf suchte und wo er verhaftet wurde.

Der Umgang mit der „braunen“ Vergangenheit, vor allem mit der Person Hitler, stellt jeden Autor vor große Herausforderungen. Lothar Machtan hat es auf den Punkt gebracht: „Wer etwas Neues über Hitler sagt, dem droht Ungemach, wenn er sich nicht nach mehreren Seiten hin absichert.“ Der Bremer Historiker konstatierte „eine andauernde Irritation, die zum Teil schon neurotische Züge trägt“. Doch wichtiger als ein moralisches Urteil, über das angesichts der in seinem Namen verübten Jahrhundertverbrechen nicht diskutiert werden muss, ist das Streben nach gesichertem Wissen. Zutreffend stellte Johannes Haslauer, der Leiter des Staatsarchivs Coburg, fest: „Quellen sprechen nicht für sich, sie müssen durch wissenschaftliche Herangehensweise kritisch interpretiert werden. In den Wissenschaften gibt es keine endgültig geklärten und abgeschlossenen Fragen.“